Immobilien-Unternehmer Valeri Spady analysiert im Interview die Entwicklung der Finanzbranche über die vergangenen 30 Jahre und vergleicht seinen Start mit dem der Newcomer von heute.
Am 3. November 1993 besuchte Valeri Spady zum ersten Mal eine Informationsveranstaltung im Bereich Finanzen. Sofort entschied er: Das ist meine Welt! Sein Gefühl sollte ihn nicht täuschen. Denn noch heute – 30 Jahre später – ist er überzeugt, den richtigen Weg gewählt zu haben. Im Interview blickt er zurück und gibt dabei einen Einblick, wie sich die Branche der Finanzdienstleistung entwickelt hat und verrät, ob Anfänger es damals leichter hatten oder heute.
Herr Spady, wenn Sie an Ihre Anfangszeit zurückdenken, welche ist die größte Veränderung im Bereich der Finanzdienstleistung zwischen 1993 und 2023?
Der Hauptunterschied ist die große Informationsflut, die heute herrscht. In den 90ern steckte das Internet noch in den Kinderschuhen. Die Medien bestanden aus den Klassikern Fernsehen, Radio und Print. Damit waren die Möglichkeiten begrenzt, an Informationen zu kommen. Um wirklich an Wissen zu gelangen, gab es eigentlich nur Bibliotheken und Bücher.
Und heute?
Heute können sich Menschen jede Information in Sekunden besorgen. Allerdings wird man dadurch nicht unbedingt klüger. Denn bei der Informationsflut sind viele falsche oder manipulierte Informationen dabei. Hinzu kommt die viele Werbung, durch die ich erst hindurchmuss, bis ich dorthin gelange, wo ich hinmöchte. Wir haben also deutlich mehr Informationen zur Verfügung, aber es ist schwierig an die richtigen zu kommen. Das führt dazu, dass viele Menschen von den verschiedenen Medien beeinflusst sind. Medien haben also eine ganz andere Wirkung und eine viel größere Kraft als vor 30 Jahren.
Welche Auswirkungen ergeben sich daraus für die Finanzdienstleistung?
Wer in den 90ern eine Beratung wollte, hat sich einen Experten gesucht, einen Termin vereinbart und hat sich mit ihm zusammengesetzt. Dann wurden die Ziele des Kunden besprochen und ein individuelles Konzept ausgearbeitet. Heute ist das im Grunde noch genauso. Der einzige Unterschied ist, dass man den Experten auch online finden kann. Der Kontakt zwischen den Menschen ist also geblieben. Lediglich die Entfernung zwischen den Gesprächspartnern spielt keine Rolle mehr. Es geht alles schneller und spontaner.
Gibt es weitere Unterschiede?
Ja, ein weiterer Unterschied ist, dass, wahrscheinlich ebenfalls durch die breitere Medienlandschaft, die Kunden im Durchschnitt jünger geworden sind. Früher konnte ich als Berater ganz junge Menschen nur sehr schwierig erreichen. Heute, durch soziale Medien, sind auch jüngere Menschen schon erreichbar.
Wann war es einfacher, in dieser Branche Fuß zu fassen, vor 30 Jahren oder heute?
Insgesamt ist es heute einfacher, in die Finanzberatung einzusteigen und Geld zu verdienen. Denn die Optionen sind deutlich größer, um in Kontakt mit Kunden zu kommen. Wer direkte Kontakte scheut, hat heute mit den sozialen Medien ein neues Instrument zur Verfügung. Außerdem ist es heute viel einfacher, meinem Umfeld mitzuteilen, dass ich diesen Job mache. Früher hätte ich Briefe schreiben müssen. Dementsprechend sind die Menschen viel leichter zu erreichen. Die Hürden sind also sehr viel niedriger, was mehr Menschen die Chance gibt, in der Finanzberatung erfolgreich zu sein. Durch den vereinfachten Einstieg ist allerdings auch die Konkurrenz größer als noch vor 30 Jahren.
Was muss ein Newcomer im Vergleich zu Ihrer Anfangszeit heute mitbringen?
Im Grunde sind es dieselben Voraussetzungen. Wenn ein Newcomer die alten Instrumente draufhat, also mit den Menschen direkt in Kontakt tritt, ein Netzwerker ist und viel kommuniziert, dann ist es egal, ob er heute startet oder vor 30 Jahren. Worauf es immer noch am meisten ankommt, sind die Charaktereigenschaften. Authentizität ist hier ganz wichtig, gepaart mit Fachkompetenz. Das waren schon immer die Grundlagen für Erfolg im Außendienst und sie sind es noch heute.
Und darüber hinaus?
Am Ende muss ein guter Berater heute beide Instrumente beherrschen, die Face-to-Face Kommunikation und die Online-Kommunikation. Damals wie heute läuft es immer noch auf eine persönliche Beratung hinaus. Denn eine individuelle Beratung in einem so wichtigen Thema, wie den Finanzen, können die Medien und auch die künstliche Intelligenz nicht leisten. Deshalb basiert unser Geschäft immer noch auf persönlichem Vertrauen und eine solche Beziehung kann sich nur durch persönlichen Kontakt entwickeln.
Welche Fähigkeiten sind dazu nötig?
Als Beratermuss ich lernen, den Menschen zu gefallen. Ansonsten wecke ich nur schwer Vertrauen. Nur damit erreiche ich es, dass mir die Menschen überhaupt zuhören. Und das ist wichtig. Denn die Informationen, die wir unseren Gesprächspartnern mitteilen, sind komplex. Da kommen nur die Wenigsten einfach so mit. Potenzielle Kunden scannen im Unterbewussten mein Verhalten, meine Mimik und Gestik. Wenn dieser „Scanner“ sagt, „Keine Gefahr“, erhalte ich Zugang. Bin ich ihm aus irgendwelchen Gründen unsympathisch, habe ich schon verloren. Der erste Eindruck macht nach wie vor eine Menge aus.
Haben sich die Wege in die Branche verändert?
Nein, denn die meisten steigen auch heute noch im Nebenberuf in die Finanzberatung ein. Das war schon bei mir vor 30 Jahren so.
Wie sieht die Produktwelt im Vergleich zwischen damals und heute aus?
Was es vor 30 Jahren an Produkten in der Finanzbranche gab, gibt es auch heute noch. Lediglich Kryptowährungen sind dazugekommen. Je nach der Zeit und den damit verbundenen Einflüssen von außen sind die einzelnen Produkte mal mehr und mal weniger erfolgreich. Mal ist der Bausparvertrag im Rennen, mal sind es Aktien, mal sind es Kryptowährungen. Was immer da war und gleichmäßig erfolgreich ist, ist die Immobilie. Ich habe irgendwann die Immobilie als Produkt zur Altersvorsorge für mich entdeckt. Diese gibt es aber auch schon seit vielen, vielen Jahren – angefangen mit den Genossenschaften. Es hatte nur niemand ein Produkt daraus gemacht. Die Verzinsung ist im Durchschnitt sehr attraktiv und liegt immer zwischen fünf bis sechs Prozent pro Jahr.
Gibt es Entscheidungen, die Sie rückblickend anders getroffen hätten?
Die gibt es wohl immer. Ich würde alle meine Versuche unterlassen, im Ausland zu investieren. Das war einfach nicht erfolgreich. Und ich würde weniger Geld verleihen.
Wenn Sie heute ihr „Ich“ von vor 30 Jahren treffen könnten, was würden Sie ihm sagen?
Was ich genau sagen würde, weiß ich nicht. Aber ich würde ihm auf jeden Fall raten, den Weg genauso zu gehen, wie ich es getan habe. Ich habe keinen Moment bereut, in die Finanzbranche gegangen zu sein. Es mag einzelne Entscheidungen geben, die ich heute anders treffen würde. Aber im Großen und Ganzen war es für mich genau der richtige Weg.
Vielen Dank für das Gespräch!